Kirgistan oder Wie schön kann Natur eigentlich sein?

Weitläufige Straßen, die von einer Aura aus Beton und brutalistischer Architektur durchzogen sind: Bischkek, die Hauptstadt Kirgistans, präsentiert sich als eine post-sowjetische Metropole, die wie aus einem Bildband entsprungen wirkt. Die Zeit Kirgistans in der einstigen Sowjetunion hat ihre markanten Spuren hinterlassen, und diese prägen das Stadtbild auf eine Weise, die an eine vergangene Zeit erinnert.

Doch abseits der urbanen Betriebsamkeit eröffnet sich eine andere Welt, eine, die von unberührter Natur und atemberaubenden Landschaften gezeichnet ist. Die weiten grünen Auen erstrecken sich in der Ferne, während das mächtige Tian Shan-Gebirge majestätisch am Horizont thront. Nicht zu vergessen sind die malerischen Jurten-Dörfer, die wie Relikte einer längst vergangenen Ära wirken, sowie der bezaubernde Issyk-Köl-See, der seine Besucher mit seiner natürlichen Schönheit verzaubert.

In diesem idyllischen Kontrast zwischen der urbanen Kulisse und der unberührten Natur entfaltet sich das kirgisische Panorama. osTraum nimmt seine Leser*innen mit auf eine faszinierende Reise durch den Norden und Osten des Landes, die acht Tage lang von kulturellen Höhepunkten und natürlichen Wundern geprägt sind.

1. Bischkek

    Die Reise begann in der aufgeheizten Atmosphäre von Bischkek, wo die pulsierende Hauptstadt dazu einlud, die kulinarischen Genüsse in den zahlreichen Restaurants und Cafés im Freien zu genießen. Über zwei Tage hinweg erkundeten wir die Stadt und ließen uns von den touristischen Hotspots verzaubern. Dazu gehörte der imposante Ala-Too-Platz, der als Hauptplatz von Bischkek fungiert und das kirgisische Nationalmuseum sowie eine Statue des Nationalhelden Manas beherbergt. Ein besonderes Spektakel bot der stündliche Wachwechsel vor Ort. Sportbegeisterte erlebten ein Fußballspiel des FK Dordoi Bischkek, während der Panfilov-Park und der Osch Basar weitere facettenreiche Einblicke in das urbane Leben gewährten. Insbesondere für Liebhaber kirgisischer Backwaren und Süßigkeiten erwies sich der Osch Basar als ein kulinarisches Paradies, wobei es ratsam ist, auf das ungefragte Fotografieren oder Filmen zu verzichten, um kulturelle Sensibilitäten zu wahren.

    Die Abendstunden wurden ebenfalls mit authentisch kirgisischer Küche verbracht, die von Laghman über Mampar bis hin zu Borsok, Salat Shirin und Kuurdak reichte. Trotz eher zurückhaltender Erwähnung in Reiseblogs erwies sich die kirgisische Gastronomie als eine wahre Entdeckung – geprägt von Suppengerichten mit frischem Gemüse, reichhaltigen Kräutern und herzhaften Fleischgerichten mit Nudeln oder Kartoffeln. Die Aromen waren köstlich und das Preisniveau, im Vergleich zu europäischen Verhältnissen, äußerst erschwinglich. Einzig für jene, die sich vegan oder vegetarisch ernähren, gestaltet sich die Auswahl etwas begrenzter.

    Fortbewegt haben wir uns größtenteils mit Marschrutkas (Sammeltaxis) oder gewöhnlichen Taxis, wenngleich die Nutzung der Yandex-App vor Ort nicht möglich war – der genaue Grund hierfür bleibt bis heute ungeklärt. Das russländische IT-Unternehmen geriet in den vergangenen Jahrzehnten immer wieder in Kritik, vor allem wegen der Zusammenarbeit mit der Polizei und Geheimdiensten in Russland. Alternativ griffen wir auf die bewährte Methode zurück, Passant*innen oder Restaurantpersonal um Unterstützung bei der Taxibestellung zu bitten.

    2. Ala Archa-Nationalpark und Ak Sai-Wasserfall

    Die warmen Monate Mai und Juni bieten ideale Bedingungen für Wanderungen, ohne dass die Temperaturen zu extrem werden. Dennoch besteht die Möglichkeit, dass einige Routen aufgrund von Schneefällen noch gesperrt sind – eine Herausforderung, der wir bei unseren Zielen im Norden und Osten des Landes erfolgreich begegneten.

    Es ging sehr schnell steil nach oben. Oben angekommen aber, erwartete uns eine weite grüne Wiese und ein wunderschöner Ausblick. Von hier aus ging es auch weiter zum Wasserfall. Da wir Ende Mai dort waren und noch nicht genug Schnee auf den Berggipfeln geschmolzen ist, gab es noch keinen Wasserfall zu sehen. Etwas später im Jahr aber geht der Wasserfall auch in einen Fluss über. Die Fahrt von Bischkek aus dauert etwa 45 Minuten und der Eintritt kostet nur wenige Euro als Gruppe.

    3. Kol Tor

    Der Ausgangspunkt – ein Jurten-Camp – für die Wanderung ist etwa 2 bis 2,5 Stunden mit dem Auto von Bishkek entfernt. Bis zum eigentlichen Ziel, dem Bergsee, sind es dann noch drei bis vier Stunden Wanderung. Ende Mai waren nur wenige Menschen auf der Route unterwegs und wir sind mit einem Guide hochgewandert – zum Teil war es auch nicht so einfach, den richtigen Weg zu finden, weshalb wir sehr froh über die Begleitung waren. Macht euch gefasst auf teilweise sehr steile Abschnitte, aber auch eine wunderschöne Aussicht. Das Ziel, der Bergsee, liegt auf 2733 Meter Höhe.

    Man macht fast 1000 Höhenmeter auf dem Weg nach oben und da es ganz schön windig und kühl sein kann, solltet ihr eine extra Lage zum Anziehen einplanen. Und: Wenn euer Guide euch Stecken anbietet, lehnt sie nicht ab – die sind Gold wert.

    4. Yssyk Köl

    Der Yssyk Köl ist der größte See Kirgistans. Wir sind mit der Marschrutka von Bishkek nach Karakol gefahren und haben ungefähr auf halber Strecke eine Nacht am See verbracht. Da wir noch relativ am Anfang der Reisesaison da waren, war es noch etwas zu kalt, um im See zu baden. Die Nacht in der Jurte war auch noch relativ frisch, aber trotzdem eine Erfahrung wert.

    Tipp: Was nicht so oft in den Sehenswürdigkeiten-Listen erscheint, ist ein Kurort am See, der nicht fertiggestellt wurde und dementsprechend verlassen und mystisch aussieht – Aalam Ordo. Wir sind leider nicht stehen geblieben, allen anderen würde ich es aber empfehlen. Bei Novastan gibt’s ein paar Infos dazu.

    5. Skazka

    Die Skazka Schlucht ist eine Gesteinformation südlich des Yssyk Köls in der Stadt Tosor. Mit dem Taxi kommt man bis zum Eingang und auch hier kostet der Eintritt nur wenige Euros. Von dort aus kann man den rot-orangenen Canyon erkunden, in dem nur wenige trockene Büsche wachsen. Von einigen hohen Stellen kann man sogar auf den See blicken. Ein extremer Kontrast zu der bisher so grünen Landschaft in Kirgistan.

    6. Yeti Ögüz

    Kurz nach dem Skazka Schlucht wartet schon das nächste Naturspektakel: Die rote Felsformation Yeti Ögüz, bedeckt mit dichtem Wald und direkt an einem Fluss. Übersetzt heißt sie „7 Bullen“, an die die vorstehenden Gesteine erinnern sollen. Der Kamm erstreckt sich über mehrere Kilometer, wo man auch wandern kann.

    7. Das Karakol Tal & Karakol

    Eigentlich unspektakulär und auch nicht so häufig unter den Ausflug-Tipps ist das Karakol Valley. Das eignet sich für einen entspannten Spaziergang über grüne Wiesen entlang des Flusses. Perfekt für eine Pause zwischen den anstrengenden Wanderungen in Kirgistan. Direkt am Fluss gibt es überdachte Bänke und Tische, an denen man gut picknicken kann.

    Tipp: Wenn ihr in Karakol seid, dann schaut unbedingt bei Nur-Sultan in seiner Bar „The Hut“ vorbei. Wir waren übrigens im Ordo Hotel Hostel und hatten einen tollen Aufenthalt mit leckerem Frühstück. Der Host hat uns den Tipp gegeben, unbedingt mal Ashlan-Fu zu probieren: Eine dunganische kalte Suppe mit Glasnudeln, Gemüse und Fleisch, die man in anderen Teilen Kirgistans eher weniger isst.

    8. Altyn Arashan

    Das Highlight der Reise war definitiv Altyn Arashan. Zuerst wollte uns das Wetter einen Strich durch die Rechnung machen, aber letztendlich haben wir uns doch dafür entschieden. Altyn Arashan ist ein Jurten-Dorf auf 2.500 Meter Höhe mit heißen Quellen. Für viele Wander*innen ist es oft ein Zwischenstopp auf dem Weg Richtung Ala Kul-Pass auf 3.900 Meter Höhe. Man kann hoch- und runterwandern oder mit einem Geländewagen fahren. Wir haben uns für die Fahrt nach oben entschieden. Dafür haben wir fast zwei Stunden gebraucht, weil die Straße alles andere als für Autos ausgelegt ist. Dabei waren es nur wenige Kilometer. Man wird ordentlich durchgeschüttelt und muss sich festhalten, weil man auf Geröll, kniehohen Steinen und steilen Serpentinen unterwegs ist.

    Unser Fahrer hat dabei wirklich sehr geschwitzt, weil er das Lenkrad so festhalten musste (was er sehr souverän gemacht hat!), aber es hat sich sowas von gelohnt. Weil wir nach zwei Stunden Auffahrt alles andere als ein Tal mit Jurten und Tieren und den Blick auf 5.000 Meter-Berge erwartet haben. Fotos können leider nicht ansatzweise wiedergeben, wie atemberaubend es dort wirklich ist. Für die Wanderung nach unten haben wir sechs bis sieben Stunden gebraucht und waren wirklich fix und fertig. Aber der Weg führt am Fluss entlang und ist ebenfalls einfach wunderschön – deswegen ist es unser Highlight.


    Kirgistan ist übrigens das Geburtsland von Mark Filatov aka Slavik. Mehr dazu in unserem Beitrag.


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    Alle Fotos © Niklas Henn für osTraum

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