Eine typische Kleinstadt auf dem Balkan, eher unspektakulär. Wenn da nicht die Teilung wäre. Der Fluss Ibar teilt die Stadt, in der vor dem Kosovokrieg Menschen jeder Nation und Religion friedlich nebeneinander gelebt haben, in einen nördlichen serbischen und einen südlichen albanischen Teil.

Der Ibar teilt die Stadt in einen albanischen (rechtes Ufer) und einen serbischen Teil (linkes Ufer).
Die Situation hat sich mittlerweile entspannt, die zentrale Fußgängerbrücke im Zentrum der Stadt ist jedoch bis heute ein Symbol der ethnischen Teilung. Auf dem Weg von der Hauptstadt Pristina ins nur 45km entfernte Mitrovica begegnen uns viele schwarze Autos mit Abkürzungen: OSCE, KFOR, EULEX, UN. Im Vergleich zu den eher entspannt fahrenden Kosovar*innen, geben die Mitarbeiter*innen von internationalen Organisationen, die auf Grund des Konfliktes immer noch im Land sind, gerne mal Gas.

Im Kosovo sind alle Ortsschilder zweisprachig: albanisch und serbisch. Oft wird der serbische Ortsname unkenntlich gemacht.
Im Südteil der Stadt ist oft Verkehrschaos los: Fußgänger*innen, Fahrräder, Autos & Co schwirren auf der Straße rum, weil es entweder keine Bürgersteige gibt, oder die Autos dort parken. Auch an Zebrastreifen hält sich niemand und aus zwei Spuren werden kurzerhand drei gemacht. Außerdem überholen Mopeds von allen Seiten. Unweit der Fußgängerzone von Süd-Mitrovica befindet sich die berühmte Ibar-Brücke, die immer noch von Soldat*innen bewacht wird.

Ein KFOR-Sonderwagen von Mercedes Benz kurz vor der Ibar-Brücke
Nach dem Passieren der Brücke ändert sich das Flair schlagartig. Aus den albanischen Flaggen, die im Süden der Stadt vergleichsweise wenig zu sehen sind, sind es im Norden serbische geworden. Diese hängen in der gesamten Fußgängerzone von Nord-Mitrovica. Von Plakaten aus lächelt der serbische Präsident Alexander Vučić und mehrere Graffiti verkünden die Verbundenheit mit Russland. Eine serbische Flagge mit den Umrissen des Kosovo geht in eine russische Flagge mit den Umrissen der Krim über: „Der Kosovo ist Serbien und die Krim ist Russland“.
Der serbische Doppelkopfadler hinter einer, in schwarz gehaltenen, Menschenmenge mit der Überschrift „Weil es kein Zurück gibt“ oder Soldaten vor der russischen Flagge mit der Überschrift „Für dieses Land lohnt es sich zu sterben“. Aus dem Euro, der im Kosovo offizielle Währung ist, ist nach dem Übertreten der Brücke auf einmal der serbische Dinar geworden. Die Leute sprechen plötzlich Serbisch und nicht mehr Albanisch und auch Schilder und Werbung sind jetzt in serbischer Sprache. Statt kosovarische KFZ-Kennzeichen im Süden, sieht man jetzt überwiegend serbische Kennzeichen.
In einem Bürgerbüro der Europäischen Union auf dem Rückweg zur Brücke erzählt eine Mitarbeiterin über die aktuelle politische Situation in Mitrovica, dass die Situation bei weitem nicht mehr so schlimm sei wie früher, viele KFOR-Soldaten seien abgezogen. Aber die Lebenssituation gestalte sich weiterhin als schwierig. Die Menschen leben in zwei Systemen: die Polizeigewalt liege in den Händen der kosovarischen Polizei, das Bildungssystem werde von Serbien aus kontrolliert. Die Bevölkerung besitzt meistens alle Dokumente und Pässe doppelt, Eltern dürfen mit serbischen Kennzeichen nicht in den Südteil der Stadt zu ihren Kindern oder den Rest des Kosovo fahren, weil diese dort ungültig sind. Kosovarische Kennzeichen hingegen werden in Serbien nicht anerkannt. Viele Menschen in Nord- und Süd-Mitrovica fahren deswegen gleich einfach ohne Kennzeichen. Die Polizei toleriert das. Die Einwohner versuchen es pragmatisch zu sehen.
Wieder zurück im Südteil. Nur einen Katzensprung entfernt ist die wunderschöne Natur des Kosovo und die Albanischen Alpen bestaunen.

Rückfahrt durch die Albanischen Alpen im Kosovo (Stadt Peja/Peć)
Es gibt mittlerweile einen neuen Vorschlag, um den Konflikt endgültig beizulegen: der mehrheitlich von Serben bewohnte Nordkosovo soll an Serbien fallen und dafür der Kosovo die albanisch besiedelten Teile im Presëvo-Tal bekommen. Wäre das die endgültige Teilung für Mitrovica? Wird die Brücke über den Ibar damit eine offizielle Staatsgrenze? Das Thema bleibt für uns Außenstehende auf jeden Fall weiter interessant. Für die Menschen in der Stadt, die dort mit den schwierigen Umständen leben müssen, ist es jedoch alles andere als spannend, sondern sehr belastend.
*Kontinentaleuropas
Alle Fotos © Dennis Rabeneick für osTraum
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