Über die Küche Ost-, Mittel- und Südosteuropas gibt es viele Vorurteile. Die Gerichte werden von Kartoffeln, Teig und Fleisch dominiert. Lasst uns aber nicht vergessen, dass diese zu schnellen Urteile genauso auf die deutsche und österreichische Küche treffen. Die zentralasiatische und kaukasische Küche kommt dabei besser weg – hier gibt es, subjektiv und objektiv betrachtet, eine größere Vielfalt an Obst, Gemüse, Nüssen und Gewürzen, wobei vor allem in Zentralasien Reis als einer der wichtigsten Kohlenhydrate dazu kommt. osTraum möchte jedoch keine gastronomischen Stereotype reproduzieren, sondern auf Köch*innen und Blogger*innen hinweisen, die herkömmliche Speisen der vielen osTraum-Regionen neu interpretieren oder die imaginären Grenzen zwischen Rezepten und Kochtraditionen verschieben. Für jeden Geschmack wird gewiss etwas dabei sein – herzhafte Festgerichte und vegane Salate, iranische und türkische Einflüsse, aufwendige Rezepte und einfache Snacks. Eine besondere Beachtung verdienen bei osTraum Köch*innen, die nicht vergessen: Essen ist politisch! Essen ist Kultur!
7. Pani Iva (Ukrainische & internationale Küche)
Borschtsch oder Chili con Carne, L’viver Zimtschnecken oder Norddeutscher Heringsalat, usbekischer Plow oder griechischer Bauernsalat? Die Auswahl der Gerichte von Pani Iva ist vielfältig, außer vielleicht für Menschen, die sich vegan ernähren. Bei Gerichten mit Milchprodukten, Fisch oder Fleisch kommen aber alle auf ihre Kosten. Auch wenn die Köchin Gerichte aus zahlreichen Kochtraditionen der Welt zeigt, liegt der Schwerpunkt doch vor allem auf ukrainischer Küche, teilweise aber auch auf südeuropäischer, kaukasischer und zentralasiatischer Küche. Pani Iva teilt zwar ihre geheimen Rezepte nicht öffentlich, doch auf Nachfrage gibt es die Kochanleitungen sicherlich zu haben.

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6. SalatZarin (internationale & postost Küche)
Neben unzähligen Salaten der Postost-Küche, wie Hering unter dem Pelzmantel, Olivje, Krabbensalat und Krautsalat, gibt es bei der Salatzarin auch eine Großzahl von anderen Gerichten zu entdecken: Manty (im Unterchied zu den türkischen Manti sind die kaukasischen größer: 4-5 Stück reichen meist, um sich satt zu essen) oder Beschbarmak (baschkirisch-kasachisch-kirgisisch-tatarisches Fleischgericht mit Brühe und Nudeln). Zum Dessert werden Wallnussplätzchen mit gekochter und gezuckerter Kondensmilch oder gebackenem Apfel serviert. Von der Salatzarin könnt ihr euch nicht nur für ein großes Familien- oder Festessen inspirieren lassen, sondern auch einige Gerichte für den Alltag abschauen. Vor allem für eine carnivore Ernährung gibt es hier sehr viel zu entdecken. Ab und zu gibt es auf der Seite auch süd- und südwesteuropäische Küche.

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5. Balkan Rezepte (Serbische, Bosnische & internationale Küche)
Der Züricher Blog über die “Balkan-Küche” hat alles, was bei der Region einfallen könnte – Ćevapčići oder Kohlrouladen, Baklava oder Börek. Von den über 200 Postings auf Instagram wird aber auch ersichtlich, dass der Schwerpunkt eher auf serbischer und bosnischer Küche liegt als auf dem Gesamtbalkan. Auch der Einfluss türkischer bzw. osmanischer Küche wird deutlich, denn Ćevapčići sind Köfte zum Verwechseln ähnlich und bei Börek müssen wir nicht mal nach Entsprechungen suchen. Der Blog kann vor allem für diejenigen unter euch spannend sein, die noch nicht mit den “Balkan-Rezepten” vertraut sind und sich auf eine Entdeckungsreise begeben möchten. Die Rezepte der Gerichte sind zwar nicht kostenlos, doch es steht immerhin ein digitales Kochbuch mit zehn Rezepten als Kostprobe frei zur Verfügung. Auch ein veganes Kochbuch gibt es im Angebot.

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4. Aura Petrașcu (abseits jeder Kategorisierung)
Aura Petrașcu aus Rumänien hat ihre ganz eigene Umgangsweise mit Essen. Die Lebensmittel und ihre Abfallprodukte stehen im Mittelpunkt. Aus der Sicht von osTraum kann sie deshalb auch als Foodbloggerin bezeichnet werden. Eigentlich ist Aura von ihrer Ausbildung her eine Ingenieurin, doch die Lebensmittel in einfacher oder teilweise (positiv gemeint) entstellter Konstellation haben in ihr eine Leidenschaft geweckt, die nicht mehr gestillt werden kann. Auf ihrer Instagram-Seite verwandelt sie Zwiebeln zu einem BH und Eierschalen zu einem Oberteil, wahlweise Donuts oder Pilze zu einer Sonnenbrille. Aura, die zwischen Brașov und Bukarest lebt, erschafft aber nicht “nur” moderne Social-Media-Kunst, sondern arbeitet mit zahlreichen progressiven Gastronom*innen in Rumänien zusammen und verleiht den Speisen und Getränken mit ihren Fotos einen einmaligen Look. Das Stöbern durch ihr Profil wird euch ganz sicherlich dazu bewegen, nach Rumänien zu reisen, um im Genuss des Essens zu kommen, das Aura als Food-Fotografin ablichtet. Nun genug von der Lobeshymne, uns laufen schon die Säfte im Mund zusammen. Einige der Arbeiten von Aura könnt ihr in ihrem Interview mit curatorialist einsehen. Ihre Videowerke zwischen Theater, Social Media und darstellender Kunst findet ihr direkt auf ihrem Instagram.

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3. Eight Finger Food (Polnische, Internationale & Fusion Küche)
Über die Frankfurterin Magdalena als Food-Bloggerin zu schreiben, wäre als ob wir fast nichts über sie berichtet haben. Abgesehen von dem Content, den sie aufwendig und mit viel Liebe produziert, kreiert sie Speisen (und Speisenpläne), die abseits der bekannten Stereotype über die sogenannte “osteuropäische Küche” stehen. Es geht nicht um Kartoffeln und Teig, viel Fleisch und etwas Kohl (zugegeben, das klingt doch eigentlich auch nach deutscher Küche), sondern um vegane haltbare Salate, Marmeladen aus regionalen und saisonalen Lebensmitteln, um herzhafte Pflaumengerichte und osTraum-Catering ohne Speck, Pelmeni und Pierogi. Manchmal geht es auch um gastronomische Reisen und Ausflüge in Deutschland, aber auch in Polen oder der Tschechischen Republik und die Bewältigung des Vorurteils, dass es Richtung Ost/Südost von Deutschland aus keine wirklichen Urlaubsziele gibt. Am besten ist der Urlaub sowieso auf Malle, oder?
Magdalena zeigt aber auch, wie es ist, selbstständig zu sein, seine eigene Marke aufzubauen, sich um den Content zu kümmern, die Speisen auf Wochenmärkten zu verkaufen und sich auch mal eine Auszeit zu gönnen. Einige der Kreationen von Magdalena gibt es übrigens auch im Online-Shop zu kaufen (die absolute Empfehlung: KoRu Karotten) oder ihr bucht sie gleich für eure nächste Firmenfeier mit progressiver osTraum-Fusion-Küche.

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2. Russisch Raclette (POSTOST, “Russlanddeutsche”, Internationale & Fusion Küche)
Russisch Roulette? Nein, Russisch Raclette. Im Gegensatz zu dem lebensgefährlichen “Spiel”, bei dem es um Glück geht, sind die Gerichte von Russisch Raclette kein Spiel mit dem Tod, und auch Glück braucht ihr nicht, denn bei Ana findet ihr mit einer 99,99999 % Wahrscheinlichkeit ein vielleicht etwas ausgefallenes, aber sehr leckeres und ästhetisch anspruchsvolles Gericht. Die Bandbreite reicht von leichten Vorspeisen über Brot, bis hin zu herzhaften Hauptgängen und Desserts. Einige der Gerichte können dabei zwar die Bestandteile eines typischen postsowjetischen Gerichts haben (z.B. Hering unter dem Pelzmantel), doch die Zubereitung und das Anrichten interpretiert die “Klassiker” neu und lässt die Postost-Nostalgie in Vergangenheit. Ana schafft absolut neue Gerichte, die ab und zu auch einen Anspruch auf die Haute Cuisine haben können. Dabei ist es nicht alles, was sie auszeichnet. Wie russische, postost und auch “russlanddeutsche” Impulse den Gerichten als Startpunkt dienen, so vereint sie Ana auch mit arabischer, türkischer oder italienischer Küche, was letztendlich in einem Schmaus endet, zwar nur auf dem Bildschirm des Smartphones, jedoch isst man*frau fast wörtlich bei jedem Video mit den Augen mit.
Ein besonderes Lieblingsstück von Russisch Raclette ist die Salzgurke, auch als Gewürzgurke bekannt. Schon mal eine frittierte Gewürzgurke gegessen, mit Gurkenwasser nachgetrunken und dabei tollste Gefühle empfunden? Nein? Dann ab zu Russisch Raclette:

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1. Olia Hercules (Ukrainische, Kaukasische, Russische & Internationale Küche)
Olia Hercules ist eine ukrainische Chef-Köchin, Kochbuchautorin, Food-Bloggerin und -Designerin, die in London lebt. Nach Großbritannien zog sie 2002, um internationale Beziehungen und Italienisch an der Warwick University zu studieren, davor machte sie aber einen Master in russischer Sprache und Kultur. Sie schrieb unter anderem für das Magazin von Jamie Oliver und arbeitete für diverse Restaurants in London. 2015 gab sie ihr erstes Buch heraus: Mamushka: Recipes From Ukraine & Beyond (Octopus Publishing). Es folgten drei weitere Bücher: Kaukasis: The Cookbook – A Journey Through the Wild East (Octopus Publishing, 2017), Summer Kitchens Inside Ukraine’s Hidden Places of Cooking and Sanctuary (Weldon Owen, 2020) und Home Food (Bloomsbury Publishing, 2022). Ihr Kaukasus-Kochbuch umfasst Rezepte aus Georgien, Aserbaidschan, Armenien, dem Iran, Russland und der Türkei, wobei die Gerichte auch oft als Brücken zwischen den Ländern angesehen werden können. Für ihre Bücher gewann Olia den Observer’s Rising Star Award und den Fortnum & Mason Debut Food Book Award 2016.
Nach dem Beginn der großflächigen Invasion Russlands in der Ukraine im Februar 2022 sammelte sie Geld, um privat kugelsichere Westen an zivile Freiwillige der ukrainischen Armee, einschließlich ihres eigenen Bruders, zu schicken. Mit ihrer Freundin, der russischen Köchin Alissa Timoschkina, gründete sie die Social-Media-Initiative #CookForUkraine, die Unternehmen und Einzelpersonen ermutigt, durch das Kochen ukrainischer Küche Geld für UNICEF Ukraine zu sammeln. Auch Jamie Oliver kochte in diesem Rahmen ukrainische Pampuschky – ein besonderes Brot mit Kräutern und Knoblauch.

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