In der Ukraine sind Mosaike und Reliefs aus der Zeit der Sowjetunion noch immer allgegenwärtig. Sie schmücken Bibliotheken, U-Bahn-Stationen, Schulen, Kindergärten, öffentliche Gebäude. Manche sind klein und kaum bemerkbar, andere riesengroß und mächtig. Einst wurden Gebäude, Mauern und andere Elemente des öffentlichen Raumes mit ihnen versehen, um die Städte und Dörfer zu verschönern. Doch in der Zeit der UdSSR konnte der öffentliche Raum aufgrund fehlender Freiheitsrechte nicht als solcher in dem Sinne, wie wir ihn heute kennen, genutzt werden. Die Mosaike stehen für eine Art Utopie des sozialen Lebens, die keineswegs der Realität entsprach: Überlebensgroße Astronaut*innen, Sportler*innen und Arbeiter*innen zieren gigantische Fassaden und Monumente und werden heute von vielen Bürger*innen als Relikte des Kommunismus oder erst gar nicht wahrgenommen.
Nach der Maidan-Revolution unterschrieb der neue Präsident des Landes, Petro Poroschenko, die sogenannten „Dekommunisierungs-Gesetze“, ein Gesetzespaket, das sich zum Ziel hatte, sämtliche sowjetische Propaganda im öffentlichen Raum zu entfernen. Damit ging und geht es vielen Mosaiken heute „an den Kragen“, was unter Liebhaber*innen der Werke für Protest sorgte.
Für „decommunized: ukrainian soviet mosaics“ fuhr Fotograf Yevgen Nikiforov drei Jahre lang durch die Ukraine und ist dabei auch in den Konfliktregionen Krim, Donetsk und Luhansk auf der Suche nach Mosaiken aus den 1950er bis 1980er Jahren gewesen. Das Buch ist gleichzeitig die erste umfassende Bestandsaufnahme sowjetischer Mosaike. Nikiforov besuchte 109 Städte und über 1.000 Mosaike, die teilweise vorher noch nie schriftlich erwähnt wurden. Diese dokumentierte er auf eine Weise, die die Werke selbst ohne den Lärm der Umgebung oder Symbole unserer Zeit, wie beispielsweise Werbeschilder, einfängt — manchmal kein leichtes Unterfangen, da die Mosaike oft von Werbung verdeckt werden. 200 Fotografien sind in „decommunized: ukrainian soviet mosaics“ zu sehen, einige der eingefangenen Werke wurden kurz nach der Aufnahme zerstört.
„decommunized: ukrainian soviet mosaics“
2017 Dom Publishers, Berlin, und Osnovy Publishing, Kyiv.
Alle Bilder:
Buch, Einband und Inhalt: © Yevgen Nikiforov, Dom Publishers, Osnovy Publishing
Fotos: Katja Müller
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