Die 7 russischen Screamo / Emo Bands

Bei Screamo / Emo mögen viele ungerecht an das Klischeebild des traurigen jungen Menschen mit schwarz gefärbten Haaren und schwarzen Fingernägeln denken. Bevor dieses Trugbild die Namen Screamo und Emo für immer in den Dreck zog, gab es aber schon eine lange (Underground) Tradition des „Emotional Hardcores“, der sich eben auf die Wurzeln und Ideale des Hardcores und Post-Punks beruft. Rites of Spring oder Indian Summer seien als Stichworte genannt. Natürlich ist seit den 80er und 90er Jahren viel Wasser die Wolga runtergeflossen, aber wie die folgende, unglaublich unvollständige osTraum-Liste zeigt, ist die gute „Emo“-Szene auch in Russland stark und sehr divers.

Eilean Mòr (Jekaterinburg)

Mit prägnanten Gitarren, eingängigen Melodien und nur vereinzelten härteren Schreipassagen bewegen sich Eilean Mòr vor allem im mid-tempo Bereich. Vom Stil her wohl am ehesten Screamo mit – in den ruhigen Momenten – Ausflügen in den Midwest-Emo. Besonders die kehlige Stimme des (Haupt-)Sängers gibt der ohnehin abwechslungsreichen Musik nochmal einen besonderen Touch. Hot Water Music, Sore Eyelids und Trachimbrod fallen als ungefähre Referenzen ein. Ein absolutes Highlight.

Pale Hands (St. Petersburg)

Um einiges hektischer und schneller geht es auf dem aktuellen Album von Pale Hands aus St. Petersburg zu. Chaotischer Screamo / Emoviolence, der mit dem Wechsel zwischen Brachialität und subtiler Gitarrenmelodik an Bands wie Beau Navire, Loma Prieta oder zum Teil auch an United Nations erinnert. Der Gesang ist mehrstimmig, dazu kommen auch immer wieder Crew-Shouts kraftvoll zum Einsatz. Pale Hands bringen alle essentiellen Bestandteile für modernen Screamo / Skramz zusammen. Super-intensiv und energiegeladen bis unter die Decke.

Broshenka (St. Petersburg)

Broshenka haben auf ihrer Bandcamp-Seite bisher nur zwei Songs veröffentlicht. Diese haben es aber in sich und sind Screamo der feinsten Sorte. Die unterschiedlichen Elemente – hymnisch schwingende und die Lieder tragende Gitarren, mehrstimmiger, emotionaler Gesang und Spoken Word Parts – werden hier zusammengefügt. Das Ganze erinnert vor allem an die schwedischen Vertreter des Genres, allen voran die unvergleichlichen Suis la Lune. Man*frau kann nur hoffen, dass Broshenka bald weitere Songs veröffentlichen. Das Potential ist immens.

Bird Bone (Jaroslawl)

„Russian Moving Parts“ – so lautet ein Kommentar zu Bird Bones aktuellem Album auf Bandcamp, der natürlich auf die Szenegröße Tiny Moving Parts anspielt. Nicht zu unrecht. Joie de Vivre oder andere Midwest-Emo Bands dienen als Referenz dafür, was Bird Bone auf Platte bringen. Leichte Math-Rock Einflüsse und treibender klassischer Emo, befeuert von vereinzelten Hardcore-Attacken. Besonders der melodisch-geschriene Gesang von Sänger Seva, kombiniert mit den aggressiveren Backing-Vocals, sorgt für großes Emo-Kino.

состояние птиц (Bird State of Soul) (St. Petersburg)

Состояние птиц (Bird State of Soul) fallen etwas aus dieser Liste heraus. Die letzte Veröffentlichung ist nämlich schon von 2014, doch muss sie hier erwähnt werden. Die 4 Lieder sind genialer Screamo. Die verzweifelten Vocals werden mit Geigenparts (!) versetzt und von klassischen Screamo-Melodien vorangetrieben. Super abwechslungsreich und emotional. Warum ist die Band uns bloß nicht vorher über den Weg gelaufen?

Veresk (St. Petersburg)

Veresk sind ein weiterer Vertreter des Midwest-Emo Revivals. Die beschwingte Musik, vor allem auf ihrer neuen 4-Way Split, lässt sich sofort an die jungen Get Up Kids denken. Sprich, treibender aber nicht brachialer Emo-Punk mit Hang zu melodisch-melancholischen Ausfällen. Auch bei Veresk sticht der mehrstimmige Gesang hervor, der zwischen Verzweiflung und Melodie schwankt und immer mal wieder durch eingesprenkelte „Twinkle-Gitarren“ durchmischt wird.

Jautājums (Irkutsk)

Zum Abschluss der Liste noch eine Band, die sich selbst dem schönen Genre Skramz zuordnet, – Jautājums aus Irkutsk in Sibirien. Nicht Melodien stehen hier im Vordergrund, sondern krachige Energie, verzerrtes Stakkato-Geschrei und das unbedingt notwendige Feedback-Gepipse. Jautājums liefern ein starkes Wechselspiel zwischen ruhigeren Parts und brachialen Ausbrüchen, wobei der Schwerpunkt definitiv auf den Explosionen liegt.

PS: Es gäbe noch genug Stoff für eine zweite Liste mit Screamo / Emo Bands aus Russland! Für eine Fortsetzung schreibt einfach einen kurzen Kommentar unter diesem Beitrag.


Bild in der Titelgrafik: Cover der Bird Bone Platte Тени


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