Der Urlaub am Schwarzen Meer – da schlägt das Herz bei einem oder anderem post-sowjetischen Kind gleich schneller. Die frische Meeresbrise, abgegriffene Sonnenliegen und bunte Strandtücher, glatte Kieselsteine und Unmengen von Plombir Eis. Die Kindheitserinnerungen regten die Fotografin Katrin Shkaruba an, ein eigenes Fotoalbum anzufangen. Innerhalb einer Sommersaison entstand letztes Jahr ihre Fotoreihe “Ode to a Post Soviet Beach” mit den Aufnahmen von Kobuleti, Georgien. osTraum sprach mit Katrin über die Idee hinter der sommerlichen Fotostrecke und die Besonderheiten des post-sowjetischen Strandes.
Fotografie als Rettung
“Also, die Idee hat eine wirklich harte Entstehungsgeschichte… Am 10. April 2019, um ca. 10 Uhr morgens, wurde ich von einem Fremden attackiert, er hat mich physisch misshandelt und wollte mich töten. (Jetzt sitzt diese Person im Gefängnis, zu 9 Jahren verurteilt). Diese furchtbare Sache passierte mir am Strand, der in dieser Fotoreihe abgelichtet ist. Dieser Strand ist in der Tat ein wirklich netter und ruhiger Ort, wo keine Kriminellen unterwegs sind oder Ähnliches, er befindet sich nur 150 Meter von meinem Haus entfernt, und ich ging dahin an dem Morgen, um Naturfotos zu machen. Es gab keine Leute herum an diesem Morgen, aber ich hatte keine Angst, denn das war ein guter, ruhiger Ort, wie ich schon sagte. Verrückte und aggressive Menschen kann man*frau überall treffen, nicht nur an post-sowjetischen Stränden, und ich hatte Unglück, solch eine Person an diesem Morgen zu treffen. Dieser Mensch hat auch meine Kamera kaputtgemacht, als ich von ihm zu fliehen versuchte (damals dachte ich, dass mein Leben am Boden zerstört ist, genau wie meine Kamera). Ein Monat nach diesem Ereignis, als ich wieder zu Kräften kam, schenkten mir meine Freunde eine neue Kamera (sie wollten mir damit ein Gefühl geben, dass das Leben weitergeht).”







“Ich konnte nicht aufhören, an diesen Strand zu gehen: Ich habe eine Tochter, die zu der Zeit 2 Jahre alt war, und sie wollte im Sommer zum Strand. Und du kannst nicht einem kleinen Kind erklären, warum du nicht dahin gehen und nicht die Sonne und das Meer genießen willst. Ich habe angefangen, meine neue Kamera mitzunehmen und einfach Fotos von unbekannten Leuten zu machen. Durch die Linse sah der Ort nicht so unheimlich für mich aus. Ich versuchte, meine traumatischen Erinnerungen loszuwerden, und tauchte in den kreativen Prozess ein. Schließlich erreichte ich das Gefühl, dass ich stark bin, und obwohl diese furchtbare Sache mir während des Fotografierens passierte, werde ich weiter fotografieren, denn ich liebe das!”
Kitschig und besonders oder einfach anders?
“Als ich ein Kind war, verbrachte ich Sommerurlaube mit meinen Eltern an sowjetischen Erholungsorten am Schwarzen Meer. Ich habe gute Erinnerungen an diese magische Zeit. So habe ich mich entschlossen, diese Erinnerungen zu erfrischen. Seit meiner Kindheit bin ich an unterschiedlichen Stränden gewesen – Miami, Zypern, Italien, Griechenland, Mexiko… Diese Strände sind wunderschön, aber doch anders. Und ich kann nicht wirklich sagen, ob ich post-sowjetische Strände wegen meiner nostalgischen Kindheitserinnerungen oder wegen ihrer Besonderheiten und des sowjetischen kitschigen Stils mag. Vielleicht beides.”





Genau dieses magische Gefühl aus der Kindheit, diese Nostalgie zeigen die besonderen Farben in Fotografien von Katrin: “Als ein Kind aus dem Nord-Westen der UdSSR dachte ich, dass der Süden etwas Magisches und Faszinierendes hat. Die Schönheit des Meeres und die subtropische Flora gaben mir das Gefühl, dass ich in einem Märchen bin, und sogar fremde Leute schienen magisch zu sein. Durch die Verwendung dieser strahlenden und surrealen Farben wollte ich mein Kindheitsgefühl der exotischen Schönheit wiedergeben, meine gehobenen Emotionen und den Eindruck eines besonderen Momentes an einem wunderbaren Ort zeigen. Wenn du weißt, dass es zu Ende gehen wird, aber nicht willst, dass es vorbei ist.”
VOM TRAUM ZUR REALITÄT: EIN EIGENES FOTOALBUM
“Ich wurde 1983 in Leningrad geboren, in einer estnisch-belarussischen Familie. Meine Kindheit verbrachte ich in Estland, Russland und Belarus. Als Kind mochte ich es sehr, mir die alten Fotos aus den samtigen sowjetischen Hardcover-Fotoalben anzuschauen. Dort waren die Fotos meiner Großeltern und Eltern, Freunde der Familie und auch vieler Menschen, die ich nicht kannte. Ich war fasziniert von diesen Bildern. Und wollte immer mein eigenes “Fotoalbum” kreieren”.

Als Programmiererin entdeckte Katrin 2015 ihre Begeisterung für Fotografie, um so an ihren Traum von einem Fotoalbum näher zu kommen. Ein Jahr lang arbeitete sie als Fashion-Fotografin und lernte viel vom talentierten Fashion-Fotografen Vladimir Lyovin. Danach folgten zahlreiche Foto-Arbeiten für Wohltätigkeits- und Fundraising-Projekte in Belarus. 2018 ging es nach Georgien, wo sich Katrin nun den eigenen Projekten über das Leben in Georgien sowie gelegentlich kommerzieller Fotografie widmet.
Alle Bilder © Katrin Shkaruba
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