Im Gespräch mit Read Ost

2017 war das Gründungsjahr für Read Ost – den deutschsprachigen Blog für osteuropäische Literatur und Kultur. osTraum sprach mit den read Ost Autorinnen Irine und Annika über das Projekt, seine Themen und Pläne für 2018.


osTraum: Read Ost versteht sich als ein Blog mit dem Fokus auf der Literatur und Kultur aus „dem östlichen Teil von Europa“. Manche kritische Leser*innen fragen sich bestimmt dabei, welche Länder genau unter den „östlichen Teil“ fallen. Wie geht ihr damit um?

Read Ost: Wir haben tatsächlich ein breites Verständnis von „Osteuropa“, das jenseits von politischen und geografisch gesetzten Grenzen zu verorten ist und wollen die Länder, wie Georgien, Armenien oder Aserbaidschan – also den Südkaukasus – keinesfalls ausschließen. Außerdem finden wir, dass die peripheren Literaturen von Mittel- und Osteuropa die spannendsten Autor*innen hervorbringen, gerade weil sie größtenteils noch unentdeckt sind.

osTraum: Wer ist das Zielpublikum des Blogs und warum ist das Thema des Blogs interessant für den deutschsprachigen Raum?

Read Ost: Unser Zielpublikum sind Leser*innen, die sich für osteuropäische Literatur interessieren und natürlich wünschen wir uns auch, das Interesse für neue literarische Räume zu wecken.

osTraum: Gibt es eine schöne Entstehungsgeschichte von Read Ost?

Read Ost: Besonders spannend ist die Entstehungsgeschichte von Read Ost nicht. Wir beide haben in einer Agentur für Buch-PR gearbeitet und unser gemeinsames Interesse für mittelosteuropäische Literatur entdeckt. Daraus entstand dann die Idee zum Blog. Im April feiert dieser nun sein einjähriges Bestehen, und wir sind gespannt, was das Jahr 2018 für uns bereithält.

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Irine und Annika von Read Ost

osTraum: Wer schreibt aktuell für den Blog? 

Read Ost: Aktuell schreiben außer uns drei weitere Mitbloggerinnen für Read Ost. Elisabeth und Sandra studieren an der Universität Potsdam Osteuropäische Kulturstudien. Außerdem gehört Karolina aus Hamburg zu unserem Team, die nach ihrem Slavistikstudium als Übersetzerin arbeitet. Wir sind immer offen für neue Mitblogger*innen.

osTraum: Was sind für euch Top-3 Bücher, über die Read Ost 2017 geschrieben hat?

Read Ost/Irine:

Eine besondere Lektüre war für mich auf jeden Fall der Roman „Brunnen der Vergangenheit“ (Residenz Verlag) des armenisch-französischen Autors Victor Gardon/Vahram Gakavian. Im Pariser Exil schrieb der Autor in der französischen Sprache über den Völkermord an den Armeniern im Osmanischen Reich. Der stark autobiografisch gefärbte Roman zeichnet eindrücklich anhand einer Familie in Van die Grausamkeit und Tragödie des Einzelnen während dieses für die westliche Leserschaft eher unbekannten historischen Ereignisses. Nicht unerwähnt darf hier der Roman „Montag. Ein kleiner Roman“ (edition.fotoTAPETA) des weißrussisch-litauischen Autors Moyshe Kulbak bleiben. Eine spannende Lektüre für alle, die sich für die osteuropäische jüdische Geschichte interessieren und gerne jiddische Literatur lesen. Der junge polnische Autor Ziemowit Szczerek schrieb mit seinem Roman „Mordor kommt und frisst uns auf“ (Voland & Quist) meines Erachtens eines der interessanten Bücher dieses Jahres. Die fiktionale Reise der Hauptfigur in die Ukraine und zugleich in den tiefsten postsowjetischen Osten räumt auf eine humorvolle Art und Weise mit vielen Klischees und Vorurteilen über „Osteuropa“ auf hohem literarischen Niveau auf.

Read Ost/Annika:    

Puh, das ist wirklich schwierig! Für mich gibt es oft nur wenige Geschichten, die mich wirklich nachhaltig prägen und beeindrucken. Ganz kurz und knapp waren es in diesem Jahr folgende Titel: „Hana“ von Elvira Dones (INK Press), „Wikmaans Zöglinge“ von Jan Krooss (Osburg Verlag) und auf jeden Fall „Sowjetistan“ von Erika Fatland (Suhrkamp), das als Reisebericht definitiv Lust auf Zentralasien macht.

osTraum: Habt ihr eure Lieblinge unter den Verlagen, die sich den Literaturwerken aus den Ländern Mittel-, Süd- und Osteuropas widmen?

Read Ost: Klar! Uns war tatsächlich vor der Gründung des Blogs nicht bewusst, wie viele deutschsprachige Verlage es gibt, die ihr Programm mit osteuropäischen Autor*innen gestalten. Es ist toll zu beobachten, wie viel Herzblut die Verleger*innen in diese Bücher stecken. Uns fällt es schwer, hier unsere Favoriten auszuwählen, aber folgende Verlage wollen wir auf jeden Fall erwähnen: Voland & Quist, der Verbrecher Verlag, der Guggolz Verlag, der eta Verlag, INK press und der Nischen Verlag. Und so viele mehr! Jedes Mal freuen wir uns über neue Entdeckungen!

osTraum: Die Literatur ist klar das Hauptthema von Read Ost. Welche Kulturthemen allgemein sind für euch noch interessant?

Read Ost: Grundsätzlich natürlich alles, was den östlichen Raum kulturell prägt, aber da der Fokus auf der Literatur liegt, gibt es so viel Stoff, sodass oftmals der Raum für andere Künste fehlt. Das osteuropäische Kino steht bei uns auf jeden Fall im Mittelpunkt. Dieses Jahr haben wir im Rahmen des Projekts „Filmkritisches Schreiben“ der Universität Potsdam als Kooperationspartner das FilmFestival in Cottbus besucht. Daraus werden in Kürze Filmkritiken entstehen und auf Read Ost veröffentlicht. Ein weiterer Part sind Reisespecials. Wir bereisen sehr gerne neue Länder und Orte und wollen darüber natürlich auch berichten.


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