Lacika and the Hookers: Osteuropäisch? Zentraleuropäisch? International!

Die Musik kennt keine politischen Grenzen – egal ob zwischen Ländern oder Kontinenten. Viele mittel- und osteuropäisch stammende Musiker*innen leben heute in Berlin, Amsterdam, New York oder woanders. Bleibt aber trotzdem etwas vom „osTraum“ in ihrer Kunst? osTraum sprach mit dem in Ungarn aufgewachsenen Frontman der Band „Lacika and The Hookers“ Laszlo, um das zu klären.

osTraum: Was bedeutet der Name des Projekts – Lacika and The Hookers?

Lacika and The Hookers: Als ich das Projekt 2013 startete, habe ich meinen Kosenamen aus der Kindheit – Lacika – genommen und dazu noch „Hookers“ (dt.: „Nutten“) hinzugefügt. Auch wenn das am Anfang ein One Man Project gewesen ist, macht der Name jetzt, wenn ich mit anderen Musiker*innen zusammenarbeite, viel mehr Sinn. Ich bin Lacika und sie sind meine „Hookers“.

osTraum: Wie würdest du die kulturelle Bandbreite deiner Musik definieren? Ist das osteuropäisch, zentraleuropäisch, einfach europäisch oder gar international?

Lacika and The Hookers: Ich würde sagen, dass meine Musik international ist. Aber darin steckt sicherlich eine Art von Traurigkeit und Melancholie, die möglicherweise für Mittel- und Osteuropa typisch ist, vor allem wegen des kulturellen und historischen Hintergrundes dieser Regionen.

ART Still

osTraum: Dir zufolge ist deine Musik voll mit osteuropäischer Melancholie. Was repräsentiert diese spezielle Art von Melancholie für dich? Gibt es bestimmte osteuropäische Musiker*innen, die dich inspiriert haben, um solche Musik zu machen?

Lacika and The Hookers: Die Länder des Mittel- und Osteuropas haben ein ganz anderes historisches Schicksal, verglichen mit dem Westen. Die Kommunisten, die Osmanen oder die Habsburgermonarchie – es gab immer jemanden, der über diese Regionen geherrscht hat, und das merkt man in allen Bereichen des Lebens und der Kunst. Über die Jahrhunderte haben diese Faktoren zur Entstehung eines bestimmten Typs vom melancholischen Gefühl beigetragen, das ins Leben der hiesigen Bevölkerung reingeschlichen hat. Hört nur ein paar ungarische oder slawische Lieder und ihr werdet verstehen, was ich meine. Damals in Budapest bekam ich eine klassische Musikausbildung und fand insbesondere diese traurigen Volkslieder, meistens in der Molltonart geschrieben, wirklich wunderschön. In Hinblick auf die zeitgenössische Pop-Musik aus Mittel- und Osteuropa hatten vor allem Napoleon Boulevard, eine ungarische Band aus den 1980ern, und Zemfira, russische Sängerin, einen großen Einfluss auf meine Musik.

osTraum: Eins von deinen zuletzt erschienenen Videos „Low Skies“ wurde in Weißrussland gedreht. Was hat dich dahin gebracht? Was verbindet dich persönlich mit diesem Land und wie spiegelt sich das in deinen Liedern wider?

Lacika and The Hookers: Die weißrussische Sprache und Kultur habe ich während meines Studiums der russischen Literatur und Philologie an der Universität in Budapest kennengelernt, wo ich dann später meine Abschlussarbeit in der vergleichenden Sprachwissenschaft mit dem Fokus auf weißrussische und russische Sprachen schrieb. Der Dreh des Videos in Minsk zusammen mit meinem „Hooker“-Freund Mario Dzurila war symbolisch für mich, der Ort und das Video vervollständigen die Bedeutung des Liedes. Meine persönliche Auseinandersetzung mit Depression und der Wunsch nach künstlerischer Freiheit bilden eine Parallele mit dem Kampf gegen Repressionen und das Streben nach Demokratie in Weißrussland.

osTraum: Im bereits erwähnten Video fürs Lied „Low Skies“ werden Untertitel auf Weißrussisch gezeigt. Wie ist das zu interpretieren: Eine Art Eyecatcher bzw. ästhetisches Element oder eher ein Versuch, das weißrussische Publikum ebenfalls zu erreichen?

Lacika and The Hookers: Die weißrussischen Untertitel im Video sind dafür da, um das Bewusstsein über den sinkenden Gebrauch der weißrussischen Sprache zu schärfen. Als wir in Minsk waren, haben wir nur selten jemanden getroffen, der Weißrussisch sprach. Die Leute waren überrascht und eingeschüchtert, wenn ich die Unterhaltung auf Weißrussisch begann.

osTraum: Wie wichtig ist das Performance, insbesondere die Selbstinszenierung, für deine Musik?

Lacika and The Hookers: Sehr wichtig. Wir bereiten gerade neue Live-Shows vor, also bleibt auf dem Laufenden!

dbs - Project Warp 711

osTraum: Im Video „Art“ sind solche Zitate wie „zu seltsam und chaotisch für meinen persönlichen Geschmack“, „uns gefällt der experimentelle Sound, aber…“ integriert. Wo kommen diese Zitate her? Ist das eine Art Selbstironie?

Lacika and The Hookers: Das ist natürlich eine Sichtweise. 🙂 Dies sind reale Zitate, die wir von den unterschiedlichen Akteuren der Musikindustrie bekamen, als wir „Art“ an die Blogs, PR-Agenturen und Labels verschickten. In diesem Sinne sind das eher externe Reaktionen als die Reflektion über sich selbst.

osTraum: Was sind deine Pläne für die nahe Zukunft?

Lacika and The Hookers: Also, ich arbeite an einer neuen Aufnahme, die nächstes Jahr erscheint. Die Veröffentlichung einer neuen EP ist geplant. Wir arbeiten mit einigen DJs, Produzenten und Künstlern an einer neuen Veröffentlichung zusammen, die sowohl auf dem ersten Album basiert ist, aber auch durch das neue Material ergänzt wird. Das beinhaltet auch eine Live-Show, bestehend aus unterschiedlichen Kunstdisziplinen.

osTraum: Kannst du ein paar zeitgenössische Lieder, die dir persönlich gefallen, mit unseren Leser*innen teilen?

Lacika and The Hookers:

  • Zola Jesus – Exhumed
  • Jenny Hval – Conceptual Romance
  • PJ Harvey – Is This Desire?
  • Björk – Notget
  • Земфира – Похоронила
  • Michelle Gurevich – Good Times Don’t Carry Over
  • Pharmakon – Crawling On Bruised Knees

Die Originalversion des Interviews auf Englisch.

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Bildquellen: © Lacika & The Hookers

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