Wo kann sich wohl „das letzte Underground-Theater Europas“ befinden? Für osTraum ist die Antwort klar – nur in Belarus. Seit 2011 leben die Belarus Free Theatre Gründer Natalia Koliada und Nikolai Khalezin in UK, wo sie aus politischen Gründen Asyl bekommen haben. Was ist Belarus Free Theatre und was kann es uns über Belarus heute und früher erzählen?
Belarus Free Theatre: Der Kampf um Freiheit
Belarus Free Theatre (BFT) existiert bereits seit 2005, aber nicht mal 2 Jahre seit der Theatergründung sind vergangen, bis Theatermitglieder zusammen mit ihrem Publikum während einer Vorstellung festgenommen wurden. Nach den Protesten gegen Wahlbetrug bei den Präsidentschaftswahlen in Belarus (2010) sind Natalia Koliada und Nikolai Khalezin aus Belarus geflüchtet. Seitdem leben die beiden in Großbritannien, auch Belarus Free Theatre ist offiziell dort registriert, praktisch befindet sich das Theater aber in Minsk.
„Wir haben verstanden, dass wir viel mehr für uns und für unser Land machen können, wenn wir im Westen bleiben.”
Nikolai Khalezin, moc.media
Das Theater hat einen illegalen Status in Belarus, es gibt keine offizielle Theaterkasse, wo man Tickets für die Vorstellungen kauft. In der VK-Gruppe werden neue Termine bekanntgegeben, über Telefonnummer kann man sich Plätze sichern. Auch die Live-Übertragung am Tag der Vorstellung ist gängig. Besonders in den letzten Jahren ist für das BFT allerdings vor allem der internationale Fokus von Bedeutung, so tritt das Theater viel in UK, aber auch auf internationalen Festivals rund um die Welt auf.
Generation Jeans: Ode an die Menschen und die Freiheit
Eins unserer Lieblingsstücke des BFT ist „Generation Jeans“ (2006), ein Monolog über Belarus früher und heute. Nikolai Khalezin erzählt hier über sich selbst, aber gleichzeitig über seine Generation, die den Zerfall der Sowjetunion und die Entstehung eines neuen Staates erlebt hat. Die Jahre 2006 und 2010 waren in Belarus von Protesten gegen die Ergebnisse der Präsidentschaftswahlen geprägt. Diese Proteste bezeichnete man auch als die „Jeans Revolution“.
Zwischen dem Verkauf der Jeans auf dem Schwarzmarkt in der Belorussischen SSR und der heutigen Republik Belarus liegen inzwischen viele Jahre. Die Frage, ob sich was verändert hat, bleibt allerdings offen und diskutabel. So verschwindet auch die Zeit in der Erzählung von Khalezin über seine Jugendjahre und sein Leben in Belarus der 2000er Jahre. Aber nach wie vor bleiben die Jeans ein Symbol der Freiheit und der Emanzipation vom sowjetischen Regime.
„Jeans waren für uns ein Symbol der Freiheit – einer Freiheit, die wir uns leisten konnten.”
Nikolai Khalezin, “Generation Jeans”
Unter „Productions“ auf der Website des BFT finden sich noch viele weitere spannende Stücke. Eine besondere Aufmerksamkeit verdient „Burning Doors“ mit Maria Alyokhina aus Pussy Riot.
Was denkt ihr über die Arbeit des BFT? Habt ihr eins ihrer Theaterstücke schon live gesehen oder würdet gern sehen?
Titelbild: Eigenes Bild, Buchcover © Ai Weiwei / James Illman / Oberon Books Ltd