Ist ein Bürokrat auch ein Mensch, eine Persönlichkeit? Die Hauptfigur des Films von Eldar Rjazanow „Die vergessene Melodie für die Flöte“, Leonid Semjonowitsch Filimonow, ist ein ehrgeiziger Beamte in der Sowjetunion Ende 1980er Jahre. Er arbeitet in einer zweifelswürdigen Organisation, die „Hauptverwaltung der Freizeit“ heißt. Zusammen mit seinen KollegInnen macht sich Leonid Semjonowitsch täglich Gedanken, wie man die Freizeit seiner MitbürgerInnen einschränken könnte. Die verhasste Perestroika hat es erlaubt, die früher verbotenen Bücher zu lesen und Theaterstücke aufzuführen. Die MitarbeiterInnen der „Hauptverwaltung der Freizeit“ fürchten schon, dass ihre Organisation bald abgeschafft wird.
Filimonow, ein treuer Bürokrat einerseits und ein Musiker andererseits, ist zwiegespalten, was seine Arbeit angeht. Mithilfe seines Schwiegervaters, der ein hochrangiger Beamte ist, macht Filimonow gewisse Erfolge in seiner Karriere. Dazu eine intelligente und hübsche Frau, eine große und moderne Wohnung… Aber Leonid Semjonowitsch ist unzufrieden. Ihm fehlt etwas im Leben. Eigentlich verachtet er seinen Job. Aber wegen der Angst, diese Bequemlichkeit, die er hat, zu verlieren, unternimmt er nichts und macht einfach weiter. Einen neuen Stoß, eine Anregung, sich zu verändern, gibt ihm die Begegnung mit der schönen und aufrichtigen Krankenschwester Lida.
In diesem Film wirft Eldar Rjazanow einen kritischen Blick auf die Sowjetunion kurz vor ihrem Zusammenbruch. Die Perestroika, die ihr Ziel nicht erfüllt hat, wird ungeschminkt gezeigt. Leonid Semjonowitsch ist eine Art Symbol dieser Zeit: zwiegespalten zwischen der Bequemlichkeit des alten Systems und dem Willen zu Veränderungen.
Das Lied eines Bürokraten aus dem Film auf YouTube.
Bildquelle: © Мосфильм / Совэкспортфильм