Aus den Trümmern in den Kosmos – der erste Rave der Sowjetunion

Mit ihrem Film über die Geburtsstunde der Rave-Kultur in der zerfallenden Sowjetunion begibt sich die Regisseurin Olga Darfi auf eine persönliche Spurensuche: Anfang der 90er tanzte sie schwerelos auf den ersten Electro-Partys im damaligen Leningrad. Das Gefühl der Freiheit und die jugendliche Energie trugen die Welle der avantgardistischen Musik bis nach Moskau. Sie gipfelte in dem legendären Rave im Kosmos-Pavillon im Park der „Errungenschaften der Volkswirtschaft“ – der Ruhmeshalle der sowjetischen Raumfahrt, die die Tanzwütigen für eine Nacht in Besitz nahmen. Die Regisseurin macht die musikalischen Pioniere der 90er ausfindig und begeht die Schauplätze der grellen Nächte – stets auf der Suche nach dem Freund, DJ und Nachtschwärmer Ivan Salmaksov, der irgendwo im Trubel der wilden 90er verloren ging.

Schon seit Mitte der 80er Jahre experimentierte das Leningrader Duo der „Neuen Komponisten“ (russ. „Новые композиторы“) mit dem Mischen alter Aufnahmen, doch der entscheidende Impuls kam aus dem Westen: Auf einem Festival in Riga trafen Petersburger Künstler*innen auf den Berliner DJ Westbam und seine tanzbare Musik, wie das Mitglied der „Neuen Komponisten“ Timur Novikov berichtet. Rund um das verlassene Haus an der Fontanka 145 bildete sich schnell ein begeisterter Kreis kreativer Köpfe, der allen technischen Defiziten zum Trotz der elektronischen Musik zum Durchbruch verhilf.

Die ehemaligen Weggefährten hat es zerstreut: Sie arbeiten heute teils als Künstler oder Clubbetreiber, teils bestreiten sie ihren Lebensunterhalt als Zahnärzte oder Taxifahrer. Gemeinsam ist ihnen das Funkeln der Augen bei der Erinnerung an die magischen, vor Energie strotzenden Nächte ihrer Jugend. Alle anderen Fragen und Zweifel – Wie beeinflusste die Kommerzialisierung die Rave-Kultur in Russland? War das Gefühl der Freiheit und Unabhängigkeit mehr als eine jugendliche Illusion? – verlieren vor diesem Hintergrund an Gewicht. Bis auf eine vielleicht: Was ist aus Ivan geworden?

Olga Darfis Dokumentarfilm „Ich – Gagarin“ (russ. „Я – Гагарин“), unterstützt von dem Sound der 90er, wirft ein sehenswertes Schlaglicht auf die umtriebige Subkultur der russischen 90er Jahre.


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Bildquellen: © kinopoisk.ru.

Ein Kommentar

  1. Anonymous

    Mann, wie kommst Du an diese Informationen und Kenntnisse? Unsere etablierten Medien scheinen ahnungslos zu sein. Weiter so….

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